Gestern Abend hatten mein Mann und ich einen kleinen, typischen Streit – und zwar über die Farbe unserer Flurwand! Ich wollte ein warmes Grau, er war anderer Meinung. Die Diskussion eskalierte schließlich, und ich beendete sie mit einem genervten: „Der Einzige, den es stört, wenn es grau ist, bist DU!“ Voller Wut stürmte ich davon und ließ den Abend mit vielen frustrierten Gedanken ausklingen: Wie nervig es ist, in einer Beziehung ständig Kompromisse einzugehen und hätte ich die freie Wahl, würde ich alles völlig anders gestalten und wie mein Mann immer alles durch seine Detailverliebtheit verlangsamt und, und, und… – Das Übliche eben, wenn man sich auf den Partner einschießt.

Natürlich fand diese Diskussion – wie so oft – kurz vor dem Schlafengehen statt. Ohne Klärung, nur mit Frust ging ich ins Bett.

Am nächsten Morgen, nach ein paar Stunden Abstand, konnte mein ruhiges, erwachsenes Ich die Sache wieder nüchtern betrachten. Ich konnte greifen, welches Gefühl in mir durch die abwehrende Haltung meines Mannes auf meine Vorschläge ausgelöst wurde: Ich fühlte mich ausgebremst und in meinen Bemühungen nicht wertgeschätzt. Das war der eigentliche Auslöser für meine unwirsche Reaktion. Das sagte ich ihm dann auch, ganz ruhig. Er antwortete, dass es ihm ähnlich gegangen sei: Er fühlte sich mit seiner Meinung nicht gehört und irgendwie abgelehnt.

Da viele Paare genau solche Alltagsstreitereien erleben, möchte ich euch hier eine kleine Gebrauchsanweisung für solche Situationen mitgeben:

1. Der Konflikt beginnt 
Ob es nun um Wandfarben, das Abendessen oder andere Kleinigkeiten geht – der Konflikt nimmt seinen Lauf.

2. Den Streit frühzeitig unterbrechen 
Das Wichtigste: Stoppt den Streit, bevor er völlig eskaliert. Geht ein paar Schritte zurück, nehmt eine Pause.

3. Runterkommen 
Atme tief durch. Lass deinen Puls wieder sinken. Je ruhiger du bist, desto klarer kannst du denken. Bei mir hat’s eine Nacht gedauert 🙂

4. Nicht in negativen Gedanken verharren
Verharre nicht in Gedanken wie „Warum ist mein Partner immer so…“. Das bringt nichts.

5. Reflektiere, was wirklich passiert ist
Überlege: Welches Gefühl hatte ich, kurz bevor der Streit losbrach? Welche Äußerung, welches Handeln meines Partners hat mich dazu gebracht, so hart zu reagieren und damit den Streit auszulösen? Welches Gefühl hat seine / ihre Äußerung in mir ausgelöst? Nur darum geht es!! ( in meinem Falle: ich fühlte mich ausgebremst und nicht wertgeschätzt in meinen Bemühungen)

6. Sprich offen über deine Gefühle 
Gehe auf deinen Partner zu und sage etwas wie: „Es tut mir leid, wie ich reagiert habe. Ich war so wütend, weil ich mich nicht wertgeschätzt gefühlt habe.“ Offenheit über Eure Gefühle bringt euch näher.

7. Gib deinem Partner Raum 
Höre auch zu, wie sich dein Partner gefühlt hat. Vielleicht hatte er ähnliche Gedanken oder ganz andere. Wichtig ist, dass ihr beide eure Gefühle äußern könnt.

8. Einfach stehen lassen 
Manchmal müsst ihr den Konflikt einfach ruhen lassen. Nach einem Austausch der Gefühle kehrt oft Ruhe ein.

9. Die Lösung findet sich meist von selbst 
Oft ergibt sich eine Lösung aus dieser erneuten Verbindung. Das Thema ist dann nicht mehr so geladen, und ihr könnt es in Ruhe angehen.

Probier’s aus – es wirkt Wunder!

In meinem Fall kam mein Mann etwa eine Stunde nach unserem Gespräch zu mir und sagte, ich könne die Wand doch in der Farbe streichen, die mir gefällt. Ich wiederum meinte, dass er wahrscheinlich Recht hatte und die Farbe gar nicht so gut passen würde. Und der Clou ist: Der Streit ist beigelegt, ohne dass wir bereits eine Lösung für das Problem gefunden haben.

Beim nächsten Gespräch über die Wandfarbe werden wir mit weniger Anspannung und mehr Verständnis füreinander sprechen und eine gute Lösung finden. Denn am Ende ist es das, worauf es wirklich ankommt: Verbindung statt Rechthaben.