Eine Klientin erzählte, dass sie ihrem Mann vorgeworfen habe, immer auf allen Hochzeiten tanzen zu müssen. Ein anderer sagt: „Nie hast Du Lust auf Sex!“. Ein weiterer Klient meint: „Du arbeitest zu viel!“. „Du nimmst Deine Verantwortung als Familienvater nicht ernst“ oder „Mit Deinen Freunden und Geschwistern redest Du über alles, mir erzählst Du gar nichts!“ „Du hörst mir nie zu!“

Wir alle wissen, wie wir auf Vorwürfe unseres Gegenübers reagieren: wir machen zu, sind verletzt, gehen auf Distanz und werden zu einer kalten Fläche, an der mit der Zeit die Vorwürfe einfach nur noch abprallen. Das führt bei vielen Paaren über die Jahre dazu, dass die Verletzungen sich ansammeln und eine immer größere Kluft zwischen den beiden entsteht.

Hinter jedem Vorwurf steckt eine Botschaft über uns selbst. Eine Botschaft darüber, dass durch ein bestimmtes Verhalten unseres Partners unangenehme Gefühle oder unerfüllte Bedürfnisse getriggert werden, die wir in dem Moment nicht wirklich greifen können und es außerdem Überwindung kosten würde, sie auszusprechen, weil wir uns damit extrem verletzlich machen.

“Du willst immer auf allen Hochzeiten tanzen” = “Ich habe Angst, nicht wichtig zu sein für Dich”

“Du hörst mir nie zu” = “Ich bin so verletzt, weil ich das Gefühl habe, nicht ernst genommen zu werden”

“Nie hast Du Lust auf Sex” = “Ich habe Angst, nicht liebens- und begehrenswert zu sein”

“Du arbeitest zu viel” = “Ich habe Angst, Dich zu verlieren, ich habe Angst, nicht wichtig zu sein für Dich; Ich bin so traurig über die Distanz zwischen uns”

“Du nimmst Deine Verantwortung als Familienvater nicht ernst” = “Ich habe Angst, dass ich/ wir nicht wichtig sind für Dich; Ich bin traurig und einsam und fühle mich allein”

“Mit Deinen Freunden und Geschwistern redest Du über alles, mir erzählst Du gar nichts” = “Ich habe Angst, dass Du mir nicht vertraust; ich bin traurig und verletzt, weil ich das Gefühl habe, nicht wichtig zu sein für Dich”

Du siehst, es sind oft ähnliche Ängste und Gefühle, die unter unseren Vorwürfen liegen.

Welche wiederkehrenden Vorwürfe machst Du Deinem/r Partner*in? Welche Gefühle und Bedürfnisse stecken in der Tiefe dahinter? Setz Dich einmal in Ruhe hin, stelle Dir eine typische Situation vor oder frage Deine/n Partner*in. Dann beobachte ganz genau, welche unerfüllten Bedürfnisse oder unangenehmen Gefühle unter Deinem Vorwurf liegen. Welche Botschaft über Dich selbst möchtest Du Deinem Partner in Wahrheit mitteilen? Weißt Du vielleicht sogar, woher in Deinem Leben, in Deiner Kindheit, Du diese Gefühle kennst? Schreibe sie auf und spreche sie in der nächsten Situation, in der Du eigentlich einen Vorwurf machen möchtest, aus!

Übe Dich immer mehr darin, zu fühlen, was ein bestimmtes Verhalten oder Gesagtes Deines /r Partner*in in Dir auslöst und bringe es immer öfter und schneller zur Sprache, anstatt einen Vorwurf zu machen! Beobachte, wie Du dadurch Eure Konflikte deeskalieren kannst!