In meiner Arbeit erlebe ich immer wieder Frauen, die sich überfordert fühlen. Haushalt, Kinder, Organisation – alles bleibt an ihnen hängen. Sie fühlen sich allein gelassen und nicht wertgeschätzt.
Wenn wir dann tiefer in dieses Thema eintauchen, stellt sich sehr oft heraus, dass die Männer anfangs versucht haben, Dinge des Alltags zu übernehmen oder sich mehr um die Kinder zu kümmern, aber durch Äußerungen ihrer Frau das Gefühl bekommen haben, es nie gut genug und nicht richtig gemacht zu haben. Daraufhin haben sie – verständlicherweise – irgendwann aufgehört, Verantwortung für Dinge zu übernehmen.
Kontrolle statt Vertrauen
Ein Klassiker, den ich schon aus meiner Zeit als Hebamme kenne: Mama wünscht sich, dass Papa genauso oft wickelt oder das Baby anzieht. Aber kaum macht er es, steht Mama daneben und gibt Anweisungen. Oder sie kontrolliert im Nachhinein, ob das Baby auch wirklich so angezogen ist, wie sie es sich vorstellt. Die Botschaft dahinter? „Du machst das falsch, Du kannst das nicht.“ Kein Wunder, dass viele Väter irgendwann die Lust verlieren.
Perfektionismus vs. Loslassen
Viele Frauen wünschen mehr Beteiligung ihrer Männer, stehen sich dabei aber durch ihre eigenen Ansprüche und – ja, ich will es bewusst so nennen – durch ihren Kontrollzwang jedoch oft selbst im Weg. Das vergrault nicht nur den Partner, sondern ist auf Dauer auch enorm anstrengend für sie selbst.
Ich habe schon mit so vielen Frauen gesprochen, die nicht mal ein Wochenende wegfahren, weil sie ihrem Mann nicht zutrauen, zwei Tage mit den Kindern alleine zu sein! Weil die Kinder dann womöglich nur Pommes essen und zu viel Fernsehen schauen… Na und? Ist doch herrlich für die Kinder!
Hier eine einfache Frage, die Du Dir stellen kannst: Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Die Antwort ist oft: Nichts, was wirklich zählt. Kindern passiert nichts, wenn sie zwei Tage Pommes essen und Fernsehen schauen. Kinder werden nicht krank, nur weil sie mal keine Mütze tragen. Und der Kindergarten hat Ersatzkleidung, falls wirklich etwas schiefgeht oder etwas fehlt. Nicht Perfektion ist das Ziel, sondern eine liebevolle, entspannte Familie.
Unterschiedliche Ansätze sind eine Bereicherung
Kinder profitieren davon, dass Mama und Papa die Dinge unterschiedlich machen. Vielleicht ist Dein Partner nicht so genau wie Du, wenn er mit den Kindern Fahrrad fährt, oder er hat eine andere Herangehensweise an die Wäsche oder Kindererziehung. Aber genau das ist eine wertvolle Erfahrung für die Kinder: Sie lernen, dass es verschiedene Wege gibt, die zum Ziel führen.
Eine Freundin von mir brachte es neulich auf den Punkt: „Und Du musst auch aushalten, dass er’s verkackt.“ Und selbst wenn – in den seltensten Fällen kommt dabei jemand zu Schaden.
Dein Mann wird vielleicht nicht alles so machen wie Du – aber das ist okay. Viel wichtiger ist, dass er sich einbringt und die Verantwortung übernimmt. Und das tut er nur, wenn er das Gefühl hat, dass Du ihm vertraust. Wenn er das Gefühl hat, dass er die Dinge auf seine Art tun darf.
Was wirklich zählt
Am Ende des Tages geht es um die Frage: Was ist wichtiger – dass Dir Dinge abgenommen werden oder wie sie gemacht werden? Wenn Du möchtest, dass Dein Partner sich einbringt, dann lass ihn die Dinge auf seine Weise tun. Gib ihm das Gefühl, dass Du ihm vertraust und ihn so akzeptierst, wie er ist.
Denn genau dieses Vertrauen lässt ihn Dich lieben – und macht das Leben für Euch beide so viel leichter.